Kleines Beispiel mit grossen Auswirkungen.
Es ist Winter. Bitterkalt und grau in grau. Ein Familienbesuch steht an. Bei Bruder und Partnerin. Ein kleines Geschenk mitbringen. Vielleicht etwas Buntes?
Blumen!
OK, also in den Blumenladen und sehr schöne Blumen für 40 Franken gefunden.
Die Blumen sollen auch noch schön sein, wenn ich bei der Familie ankomme. Der Blumenverkäufer packt die Blumen jedoch nicht ein. Ich weise darauf hin, dass ich noch über eine Stunde unterwegs bin, auch in der Eiseskälte. Nichts. Keine Reaktion. Erst nach meinem dritten Anlauf meint er: “Wir packen unsere Blumen eigentlich nicht weiter ein. Wir machen nur einen “nassen Fuss” unten an die Stiele.” Leicht genervt wickelt er ein wenig Papier um die – noch schönen – Blumen. Sparsamer als sparsam. So gut wie kein Schutz. Und nicht schön.
Wie man sich denken kann, sind die Blumen leider trotz Aufpassen nicht in gutem Zustand angekommen. Ein Trauerspiel. Die erste Reaktion bei der Ankunft war: “Wie hast du die denn transportiert??”
Mir war es peinlich.
Angeheftet war die Visitenkarte vom Floristen. Daraufhin die Reaktion, als die Karte entdeckt wurde: “Was? Von denen? Die sind teuer, klar, waren doch früher aber so gut!? Da muss man also nicht mehr hin.”
Ein Erlebnis, das leider beispielhaft für schlechte CX ist und so einfach hätte vermieden werden können. Die Auswirkungen sind klar: Weder ich oder meine Familie noch die Personen, die davon erfahren haben, werden dort wieder Blumen kaufen. Jetzt ist in den Köpfen abgespeichert: die verkaufen teure Blumen, denen keine Sorge getragen wird, die Kunden sind egal, alles ist “zu viel”, kein Kundenservice, ich suche einen anderen Anbieter.
Aus CX-Sicht stellt es sich wie folgt dar:
Selbstverständlich kann man sich aus wirtschaftlichen Gründen, aus Nachhaltigkeitsgründen oder warum auch immer dazu entschliessen, Blumen nicht einzupacken. Das kann sogar ein positives Alleinstellungsmerkmal sein. Darüber dürfen jedoch nicht – gerade im von Emotionen und Persönlichkeit geprägten Blumenhandel – die Kundensicht und das Kundenbedürfnis vergessen gehen. Der Wunsch des Kunden ist, mit den Blumen anderen geliebten Menschen eine Freude zu machen, Wertschätzung oder Dank zu zeigen und positive Gefühle zu vermitteln. Dazu kommt, dass die Blumen beim Transport und beim Empfänger als Aushängeschild des Floristen gesehen werden. Beste Werbung im Grunde also! Oder auch das Gegenteil davon, wenn es nicht funktioniert. Woran lag es?
Mit ein wenig Empathie und Kundenverständnis wäre eine wundervolle CX gelungen.

Ein entsprechend befähigter Mitarbeiter hätte fragen können: “Für wen sind die Blumen? Müssen Sie damit noch weit in dieser Kälte? Sollen wir sie noch schön einpacken?” Gemeinsam mit dem Kunden hätte sofort eine schöne Lösung gefunden werden können, bei der sich der Kunde ernstgenommen und wertgeschätzt fühlt.
Der Mitarbeiter hätte damit sogar noch Upselling und Mehrumsatz generieren können!
Mit digitaler Unterstützung hätte man die Kundenzufriedenheit weiter fördern können: schauen und auswählen, was die geeignete Verpackung für den Transport ist, noch ein Kundenbindungsprogramm starten (z.B. bei Kauf über App “Gratis Einpacken” oder eine digitale Kundenkarte mit Vorteilen), Über eine Kundenkarte relevante Daten wie Geburtstage und Jubiläen in der Familie und im Freundeskreis ansprechen oder allein schon den Namen des Kunden für eine persönliche Begrüssung oder zum Bedanken nennen. Man hätte Tipps zur Blumenpflege geben, Fotofeedback via Instagram oder auch Speed Delivery als Alternative anbieten können.
Mir ist bewusst, dass es sich um ein klitzekleines Luxusproblem handelt. An diesem wird jedoch deutlich, wie leicht es ist, dass ein Kundenerlebnis entweder negativ oder positiv umschlagen kann und welche Konsequenzen daraus entstehen. Wie hättet ihr euch verhalten? Hättet ihr die Blumen dann am liebsten direkt dort liegen lassen? Was habt ihr so erlebt?
Freue mich auf Austausch zu CX und Ideen für Verbesserung des Kundenerlebnisses on- und offline.